Vallie – der Versöhnungsautomat

Dieses herzförmige Gerät ist Vallie – ein Versöhnungsautomat, wie ihn eigentlich jedes frischvermählte Ehepaar zur Hochzeit bekommen sollte. Da Vallie aber ein personalisiertes Unikat ist, haben ihn lediglich meine Schwester und ihr Mann zur Hochzeit bekommen.

Streit kommt vor, auch in den besten Ehen. Wichtig ist doch nur, dass man schnell zu einer Versöhnung findet. Mit Vallie kann da gar nichts schief gehen. Im Artikel stelle ich ihn vor und zeige, wie ich ihn gebaut habe.

Was ist ein Versöhnungsautomat?

Im Automat werkelt der freche und selbstverliebte Empathie­prozessor namens Valentin, kurz Vallie. Er ist absolut von sich überzeugt, denn er ist gut. Er spricht akustisch und ermittelt in jedem Streitfall die ideale Versöhnungsmethode. Dazu drücken die Bediener zuerst eine von zwei Tasten „Tom war’s“ oder „Klara war’s“ (Namen geändert), je nachdem wer Schuld hat. Vallie dreht dann in der Regel eine Art Glücksrad mit 16 Versöhnungsanweisungen, die durch ein weiteres Glücksrad mit acht PowerUp’s ergänzt oder modifiziert werden.

Vallie hat eine Persönlichkeit und unterliegt Stimmungsschwankungen, wobei er meist gut gelaunt ist. Bei guter Laune lässt er ab und an eine Anekdote, einen Witz oder bissigen Spruch einfließen, oft mit Bezug auf das beschenkte Paar (Insider-Sprüche). Er zieht die Bediener über den Tisch und macht sogar ab und an ein Spielchen mit ihnen. Man kann ihn aber auch provozieren, indem man etwa beide Schuldtasten gleichzeitig drückt, indem man eine Versöhnungsanweisung ablehnt und gleich eine neue anfordert oder indem man bei den Spielen nicht richtig mitmacht. Bei schlechter Laune ist er kurz angebunden, hat nicht so recht Lust auf seine Aufgabe oder streikt sogar ganz.
Vallie ist in den ersten Tagen eher gradlinig, weicht aber mit der weiteren Verwendung immer häufiger vom Pfad ab und verhält sich unerwartet. Das Glücksrad kommt nicht immer zur Anwendung. Manchmal macht er auch etwas ganz anderes. Er durchlebt während der Verwendung über Wochen hinweg auch eine persönliche Versöhnungs­geschichte mit seiner Freundin, dem Geldautomaten Anna Thalea Marie (kurz ATM). Nach der geglückten Versöhnung ist ATM manchmal bei Vallie zu Besuch, aber sie erteilt lieber emotionale Versöhnungsvorschläge, was Vallie für ungeeignet hält und ihn in seiner Kompetenz verunsichert. Später bekommen beide sogar kleine Kinder, die irgendwann größer werden und auch mal unerlaubt das Glücksrad drehen und dabei erwischt werden.

Mit sechs Personen haben wir hunderte Audio-Samples aufgenommen und mit Geräuschen ergänzt, sowie Jingles eingesungen. Der Automat baut die Audio-Samples stets in neuen Kombinationen zusammen und bietet dadurch eine große Vielfalt an Reaktionen. Hinter allem stand von Anfang an ein umfangreiches Skript.

Wie ich Vallie gebaut habe

Auf der Suche nach einem cleveren Gehäuse habe ich in der e-Bucht dieses 3er-Pack herzförmiger Holzschalen für einen 10er gefunden. Die Maße sind knapp, aber das wird schon irgendwie passen. Das ist doch eine idealer Start.

Valli - der VersöhnungsautomatFür die Audioausgabe müssen Lautsprecher vorhanden sein. Die preiswerteste Möglichkeit sind Aktivlautsprecher, da hier auch gleich ein passender Audio-Verstärker enthalten ist. Da im Automat ein 5V-Bordnetz eingeplant ist, habe ich USB-Lautsprecher beschafft. So ist keine separate Spannungsschiene erforderlich.


Die Lautsprecher waren verklebt oder verrastet und nicht beschädigungsfrei zu öffnen. Egal, die Gehäuse benötige ich nicht mehr.


Hier sieht man die Lautsprecher und die Verstärkerplatine im Größenverhältnis mit dem Holzherz.


Da die Lautstärke von außen einstellbar sein soll, muss die Verstärkerplatine mit dem Lautstärkeregler zum Gehäuserand zeigend montiert werden. Ich habe dazu einen Haltewinkel aus einem Stück Aluminiumblech angefertigt. Den originalen Drehgriff habe ich durch einen größeren mit Riffelung ersetzt. So muss der Lautstärkeregler nicht so weit aus dem Gehäuse herausstehen und ist dennoch gut bedienbar.


Der Automat soll mit Batterien betrieben werden. Darum habe ich einen Ausschnitt in den Boden gemacht und seitlich je ein Stück Holz platziert. Hier soll ein rückseitig zugängliches Batteriefach eingebaut werden.


Auf die beiden Hölzer habe ich eine Holzplatte und daran einen 4-fach-Batteriehalter geschraubt.


Da Vallie über eine Audioausgabe verfügen soll, habe ich diesen seriell ansteuerbaren MP3-Player eingebaut. Es handelt sich um eine Platine mit Mp3-Player-Chip, mit einem Slot für eine Micro-SD-Karte, mit Klinkenbuchse für die Audioausgabe und mit einer Kontaktleiste für eine serielle Ansteuerung. So kann der zentrale Microcontroller komfortabel die Audiowiedergabe steuern, ohne selbst leistungsfähig sein zu müssen. Und viel wichtiger: die Audiowiedergabe ist einfach realisierbar.


Die Rückseite des Mp3-Players.


Weil ich ein Display mit vielen LEDs selbst bauen will, benötige ich LED-Treiber. Würde ich diese LEDs direkt mit dem Microcontroller ansteuern, müsste dieser zum einen sehr viele Ausgänge haben und zum anderen sehr viel Strom liefern können oder es wäre eine größere Mengen Transistoren und passive Bauteile nötig. Ich verwende zwei TLC5925 mit je 16 LED-Ausgängen, wie ich sie auch schon von meiner Wörteruhr kenne. Der Versöhnungsautomat wird als Einzelstück gebaut, d.h. ich muss auf eine Lochrasterplatine setzen, da die Kosten professioneller Platinen für Einzelstücke unwirtschaftlich sind und außerdem an Lochrasterplatinen leichter kleine Änderungen vorgenommen werden können. Um die SMD-ICs kompatibel zu machen, habe ich sie auf solche Adapterplatinen gelötet.


Hier ist das fertige Logik-Board des Versöhnungsautomaten:

  • die beiden ICs ganz links: Ein Stereo-VU-Meter, d.h. eine Balkenanzeige, die entsprechend zur Audioausgabe reagiert. Das zeige ich später.
  • blaue Platine: Mp3-Player
  • kleine grüne Platine: Festspannungswandler Polulu S7V8F5, macht aus Spannungen von 2,7 bis 11,8V eine stabile Spannung von 5V. Da Batterien verwendet werden, ist das erforderlich.
  • großer Sockel: Hier wird der Microcontroller aufgesteckt, der im Foto noch oberhalb der Platine liegt.
  • zwei grüne Platinen rechts: Je 16-fach LED-Treiber.


Die Rückseite der Platine.


Hier sehen wir wieder das Herz, in das nun einige Schrauben und Distanzhalter zur Platzierung der Komponenten eingebaut sind. Auch einen Ausschnitt für den Lautstärkeregler habe ich an der Oberseite gefertigt.


Die Lautsprecher, sowie die Verstärkerplatine sind nun im Herz montiert. Seitlich (hier unten im Bild) habe ich Löcher neben den Lautsprechern in das Gehäuse gebohrt, um den Schall besser austreten zu lassen.

Da das Herz an die Wand gehängt werden können soll, habe ich oben mittig in der Herzrückwand ein Langloch mit innenliegender Blechverstärkung hergestellt. Im Bild liegt ein Haken daneben, wie er zur Aufhängung verwendet werden kann..


Dann habe ich auch das Logik-Board montiert.


Jetzt ist ein möglichst flacher Aufbau oberhalb der bereits enthaltenen Komponenten vorzunehmen, da das Display darauf basiert, dass farbige Flächen mit LEDs beleuchtet werden sollen. Dafür braucht man möglichst viel Abstand zwischen den LEDs und  der farbigen Fläche, um eine homogene Ausleuchtung zu erzielen.

Ich habe also folgende Teile aus Holzfaserplatten ausgesägt und vorgebohrt.


Die große Platte überdeckt die Elektronikkomponenten und umschließt die Lautsprecher und die Halterung der Verstärkerplatine.


Die Lautsprecher wiederum habe ich mit den kleineren Platten überbaut. Auch hier sind viele Löcher gebohrt, um den Schall austreten zu lassen.


So sieht das von der Seite aus.


Die geplante Frontplatte habe ich mir in Originalgröße auf Papier ausgedruckt und dieses so zerschnitten, dass ich es auf die drei Flächen legen kann.


Alle Beleuchtungsgrenzen habe ich durchgedrückt und nachgemalt.


Aus schwarzem Karton habe ich nun Kammern gebastelt. Den Karton habe ich mit Heißkleber auf den drei Holzplatten befestigt.


Das ganze Holz-Karton-Konstrukt lässt sich separat in das Herz legen und befestigen oder herausnehmen. So komme ich an dieser Stelle immer noch gut an die Elektronik heran.


Hier habe ich innerhalb jeder Kammer eine gute Beleuchtungsposition gewählt und ein Loch in die Holzplatte gebohrt.


Damit ist der Beleuchtungsteil fertig aufgebaut. Nun habe ich alles mit weißer Sprühfarbe lackiert, da sonst zu viel Licht geschluckt würde. Den schwarzen Karton musste ich mehrfach lackieren, damit die Farbe halbwegs deckend war. Ich hatte keinen genügend starken weißen Karton, sonst hätte ich gleich weiß gewählt. Aber das Holz musste ja ohnehin lackiert werden.


Die Frontblende habe ich in Inkscape entworfen und in einer Druckerei auf eine spezielle Klebefolie drucken lassen. Diese ist für solche Beleuchtungszwecke gedacht und verstärkt die Farben schön. Dieser Bogen hat die DIN-A3-Größe. Ein Herz hätte nicht auf A4 gepasst, allerdings haben zwei Stück auf A3 gepasst. So hatte ich sogar einen zweiten Versuch. Benötigt habe ich ihn jedoch nicht. Wichtig ist auch dieses Info-Symbol, von dem ich eines im nächsten Bild brauchen werde.


Neben den beiden Schuldtasten soll es noch eine Informationstaste geben. Bei Druck auf diese Taste stellt der Automat sich vor und erklärt das Konzept. Manchmal werden auch längere Musikstücken oder Ausleitungen gespielt, die sich mit dieser Taste abbrechen lassen.

Ich hatte für den Versöhnungsautomaten solche schönen großen Tasten besorgt, wie sie auch in Arcade-Automaten verwendet werden. Die Tasten habe ich geöffnet und eine LED eingebaut. Im Fall der Info-Taste habe ich einen Infosymbol-Aufkleber auf den Stößel geklebt.


Dann stand die Verkabelung aller LEDs und Taster an. Das war eine fummelige Arbeit, bei der auch immer das geringe Platzangebot im Gehäuse berücksichtigt werden musste.


Nun folgten die Programmierung des Microcontrollers und einige Tests. Hier im Foto messe ich den Ruhestrom des Automaten, der bei knapp 60μA liegt und sehr langen Batteriebetrieb möglich macht. Der Automat wird nämlich nicht abgeschaltet, sondern geht in ein Standby, damit er lediglich durch die Betätigung einer Schuldtaste sofort wieder verfügbar ist. Die elektronische Schaltung ist so ausgelegt, dass Peripherien wie die LED-Treiber oder der Audioverstärker im Standby völlig abgeschaltet werden. Nur so ist der geringe Stromverbrauch möglich.



Aus Plexiglas habe ich dann die Frontplatte hergestellt und mit kleinen Bohrungen zur Befestigung versehen.


In die Frontplatte habe ich Löcher eingefügt:

  • große Löcher links für den Info-Taster, rechts für den „Tom war’s“-Taster
  • die kleinere „Klara war’s“-Taste ist mit einer speziellen Sicherheitsklappe, wie sie hier auf dem Herz liegt, verdeckt. Es ist ja doch recht unwahrscheinlich, dass die Frau Schuld hat :BIGGRIN:
  • viele kleine Löcher über den Lautsprechern, um den Schall durchzulassen


Aus einem alten schwarzen Schnellhefter habe ich Plastikfolienteile als Umrahmung der Leuchtfelder ausgeschnitten (siehe übernächstes Bild), um die Undurchlässigkeit der Frontfolie an einigen Stellen zu verbessern.



Diese Folienteile habe ich von hinten auf die Frontfolie aufgeklebt.


Mit einer Lochzange habe ich die kleineren Löcher hergestellt, mit einem Cutter die größeren.


Nun habe ich das Gehäuse lackiert. Einfach schrill mit Pink und Dunkelblau. Sieht doch super aus. Das Batteriefach ist hier noch mit Klebeband abgedeckt.


Dann noch die Verkabelung der Taster durch die Frontfolie führen und die Blende mit kleinen Schräubchen befestigen.


Die Rückseite habe ich noch ein bisschen beschriftet. Vor allem wegen der Polarität war das wichtig, da es keinen Verpolungsschutz gibt.


Impressionen

Fertig ist der Versöhnungsautomat. Hier sieht man die Oberseite mit dem Lautstärkeregler.


Hier sieht man die gesamte Frontblende. Die Namen an den beiden Schuldtasten habe ich verpixelt.

Zunächst fallen natürlich die beiden Glücksräder auf. Aber auch die Titel der Phasen „1. Schuldzuweisung“, „2. Versöhnungsanweisung“ und „3. Power-up“, sowie die Taster werden passend zur Aktion des Automaten beleuchtet. Ebenso können die Symbole „Streik“, „Ironie“ und „Spielmodus“ leuchten, wenn der Automat sie benötigt. Die Krone in der Mitte kann ebenfalls leuchten und wird dem Gewinner von Spielen überreicht, aber Vallie verleiht sie sich auch gerne mal selbst.


Es war gar nicht so leicht, gute Fotografien zu machen. Der Automat leuchtet nicht überaus stark, aber es reicht auf jeden Fall aus. In den Fotos wirkt es dagegen immer etwas knapp. Die Leuchtflächen, z.B. der weiße Titel „Der Versöhnungsautomat“, wirken im Foto unhomogener beleuchtet als in real.


Die leuchtende Herzumrandung ist ein Stereo-VU-Meter, also zeigt die Lautstärke an. Das wirkt echt super.



Damit ich überhaupt einen Eindruck vom Automaten in Aktion vermitteln kann, habe ich ein Video angefertigt. Allerdings stand nicht mehr so viel Zeit zum Filmen zur Verfügung, sodass ich eher die geradlinigen Abläufe auf Video habe und nicht etwa einen Spielmodus. Immerhin kommt es auch im Video mal vor, dass die Schuldeingabe von Klara für unwahrscheinlich gehalten und automatisch auf Tom korrigiert wird (Frecher Vallie!) oder in einem anderen Fall mal nicht das Glücksrad zum Einsatz kommt.

Die realen Namen des beschenkten Ehepaars habe ich verpixelt und herausgepiept. Und wer meine reale Stimme kennt: Nicht wundern, meine Stimme ist absichtlich einige Prozente hochgepitcht.

Du kannst das Video herunterladen oder nachfolgend bei DailyMotion ansehen.

  Video von Vallie, dem Versöhnungsautomat (243,7 MiB, 440 mal heruntergeladen)

Video in 720p-Auflösung zum Download.

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Ich danke für die Aufmerksamkeit und die freundliche und interessierte Kommunikation mit vielen meiner Leser.

Lieben Gruß,
Emanuel

Ein Gedanke zu „Vallie – der Versöhnungsautomat

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