Badlüfter selbstgebaut

Wir haben ein kleines Bad ohne Fenster und ohne Abzug. Nach dem Duschen steht dort für einige Stunden noch die Feuchte drinne. Demzufolge ist das Bad schimmelanfällig, was man nur durch regelmäßiges Schrubben der Decke und den umliegenden Rändern der Wände verhindern kann…

…oder eben mit der folgenden Bastelei.

Ich stelle hier einen selbstkonstruierten Badlüfter vor, der mit ordentlich Durchzug für eine schnelle Trocknung des Bades sorgt. Er misst permanent die Luftfeuchte und schaltet sich bei Bedarf selbst ein. Die Geräuschkulisse ist dabei noch akzeptabel… Ich habe kommerzielle Lüfter gesehen, die mit mehr Lärm weniger Durchsatz schaffen.

Einleitung

Das Bad hat an einer Stelle ein Gitter, hinter dem ein Schacht zu einem stillgelegten Schornstein führt. Der ehemalige Schornstein endet unterhalb des Dachs (auf dem Speicher) und ist oben offen, d.h. man kann gut Luft durch das Gitter abführen. Nur von alleine tut sich da nichts. :NIXDA:


Eigentlich hatte ich gar nicht so konkret vor, eine Ablüftung zu bauen und immer nur gedacht „man müsste mal…“. Aber dann bekam ich irgendwann in der Firma eine Demoplatine von einem Sensorhersteller zugeschickt (folgendes Bild), auf der ein Feuchtesensor und ein einfaches Display untergebracht sind. Der Sensor (oben links innerhalb der Ausfräsungen) kommuniziert über einen I²C Bus mit dem Controller (schwarzer Chip). Das „%RH“ auf dem Display steht übrigens für relative Humidity, also relative Feuchte.

Elektronik

Ich dachte mir, so eine Platine liegt in der Firma nur rum und wandert irgendwann in den Müll. Da kann ich mir ja auch irgendwie die Feuchtewerte da rausholen und mit den Informationen eine Ablüftung ansteuern. Die Leitungen, die ich da angelötet habe, führen zu einem eigenen kleinen Controller, der den I²C Bus snifft, also alle Datenübertragungen mitlauscht.


Wilde Experimente. Der ausgewählte Lüfter ist auch zu sehen. Es ist ein 120x120x38 mm Scythe Ultra Kaze DFS123812H-3000. Die Fördermenge reicht in der Theorie aus, um die gesamte Badluftmenge in 2 Minuten komplett abzusaugen. Weil der Lüfter echt heftig schnell sein kann (3000 U/min), habe ich ihn während der Tests in der Verpackung gelassen, wie man auf dem Bild sieht.


Der Lüfter soll also automatisch zur Raumfeuchte gesteuert werden. Man muss nichts bedienen. Zusätzlich wird es einen Taster geben, mit dem man den Lüfter auch von Hand starten kann. Dann läuft er für 10 Minuten und geht automatisch wieder aus oder man kann ihn durch erneute Tasterbetätigung auch vorzeitig ausschalten. Der manuelle Betrieb ist dafür nützlich, wenn man mal ein ausgiebigeren Toilettengang hinter sich hat und andere Menschen vor den unvermeidlichen Konsequenzen beschützen will.

Aus den Anforderung ist folgende Schaltung hervorgegangen (Bild anklicken zum Vergrößern!). Der „IC2“ stellt die oben gezeigte Demoplatine dar. Weil die nur mit 3 bis 3,6 V versorgt wird, erhöht der Operationsverstärker „IC3“ die Spannungen auf 5 V-Pegel für den μC „IC1“. Die Jumper „Jmp1“ und „Jmp2“ sind da, um den I²C Bus während des Programmierens zu unterbrechen, weil die Pins am μC für beide Zwecke benötigt werden. Dann existiert noch der eben genannte Taster „S1“, mit dem der Lüfter auch manuell gestartet und wieder gestoppt werden kann. Der Pieper „Sum1“ gibt akkustische Rückmeldung auf Betätigung des Tasters. Ist eigentlich Spielerei, aber ich hab die Dinger hier sowieso rumliegen, warum also nicht mal irgendwo verwenden. Der Transistor „T2“ steuert den Lüfter an. Nicht wundern über die unübliche Verschaltung. Es handelt sich um einen LogicLevelGate-FET, d.h man kann mit 5 V-Pegel vom μC größere Spannungen schalten, hier 12 V für den Lüfter. Das ist bequem und der FET hat auch sonst gute Werte, vom Maximalstrom bis zum Preis. Ich mag das Ding.

Die Pfostenwanne „X1“ ist zum Programmieren des μC. Außerdem gibt es am Pin 3 des „IC1“ einen UART Ausgang, d.h. der μC sendet über eine serielle Schnittstelle einige Messwerte und Zustände, die man mit einem PC mitloggen kann. Daraus kann man dann hübsche Vergleichsdiagramme machen und sehen, ob der ganze Aufwand eigentlich gelohnt hat.

Als nächstes hab ich das Zeug mal auf eine Platine gezaubert. Die 6-pol Steckleiste ist zum Programmieren (ersetzt die 10-pol aus der Schaltung). An die 4-pol Leiste kommt die Displayplatine mit dem Sensor. Links von oben nach unten sind Spannungsversorgung, UART und Tasteranschluss. Den Lüfteranschluss findet ihr selbst.



Die Rückseite wird hier nicht verheimlicht.


Aufbau

Bei der Planung des Gehäuses hab ich ein Weilchen überlegt und nicht so recht Ideen gehabt. Dann hab ich aber im Keller dieses Gitter gefunden, was früher mal vorne an einem PC-Gehäuse war. Das ist doch eine super Grundlage. Die Abmessungen sind perfekt.


Aufwändige Planungsskizzen des Projektes. (Ironie!)

Die linke Skizze zeigt, was mit diesem Gitter passiert und die rechte Skizze steht für ein Gehäuse, was unter das Gitter soll.


Blech hab ich immer noch irgendwas rumliegen, hier eine alte Seitenwand von einem PC. (mein erster Mod damals, das waren noch Zeiten.)


Mit der Reißnadel habe ich hier die Form des Gehäuses aufgezeichnet (nur blass sichtbar). Da wo die Spitze der Nadel liegt, fehlt ein bisschen vom Material wegen der Überschneidung mit dem alten Ausschnitt, ist aber nicht schlimm.


Von den vielen Schneid- und Faltlinien erstmal nur die zu schneidenden markieren, um Fehler zu vermeiden.


Hier erstmal grob ausgeschnitten. Da wo die Nadelspitze liegt, fehlt die kleine Ecke.


Die Rückseite ist PC-weiß lackiert.


Jetzt nicht mehr.


Meine improvisierte Kantbank. Vorne stehen zwischen zwei Brettern einige Laschen des Blechs heraus, die man nun herunterwinkeln kann.


Nach zwei Biegevorgängen kann man die Form schon erahnen.


Und schließlich sind auch Front und Heck hochgeklappt. Das Display werde ich etwas schräg reinstellen, weil die Grundfläche ja später gegen die Wand liegt und zwar knapp unter der Zimmerdecke. D.h. ein schräg gestelltes Display wird am besten ablesbar sein.


Das Lochblech von dem alten PC-Gehäuse passt einwandfrei.


In den Boden meines Blechgehäuses kommt der Ausschnitt für den Lüfter. Dabei lasse ich aber zwei Streifen Metall stehen, die später die Aufhängung bilden… kommt weiter unten.


Der Ausschnitt für das Display und Befestigungslöcher. Von der Platine habe ich den Batteriehalter für die Knopfzelle und den Taster abgelötet, da beides höher stand als das Display und beides nicht mehr benötigt wird.

Außerdem habe ich die Platine zweimal brutal durchbohrt, natürlich an unkritischen Stellen. :BOHREN:


Hier ist der Lüfterausschnitt fertig und ich habe bereits eine Menge Bohrungen gemacht, um alle Komponenten zu befestigen.



Der Stromanschluss und der 2-polige Anschluss für den UART (nur eine Sendeleitung und GND) müssen irgendwie im Gehäuse befestigt werden. Dazu habe ich eine kleine Platine angefertigt.


So sind beide Anschlüsse auf gleicher Höhe.


Vorne links habe ich die Ausschnitte für die beiden Buchsen gemacht. Außerdem sind hier die Löcher für das Display gesenkt.

Seitlich habe ich kleine Nasen nach außen gebogen, an denen später der Deckel befestigt wird.


Das Gitter hat seitlich noch solche Führungsschienen, die jetzt weg sollen. Vorher …


… nachher.


Hier sieht man, wie das Gitter an den Haltenasen einrastet.



Am Gitter habe ich, wie oben auf der Skizze geplant, den T-förmigen Einschnitt vorgenommen.


Die entstandenen Laschen habe ich nach unten gefaltet und hinten schräg abgeschnitten.


Hier sieht man, wozu das gut war.


Dann wurde das Gehäuse lackiert. Weiß passt am besten/unauffälligsten ins Bad zu den weißen Fließen.


Der oben genannte Taster für die Handbedienung ist dieser hier. Durch Druck auf den markierten Nippel schließt der Kontakt.


Hier hab ich dann alles eingebaut. Blick von hinten auf das Display.


Die Platine mit der eigenen Elektronik. Außerdem habe ich spontan noch 2 LEDs spendiert, ist halt cooler und wo sonst sollte man noch alte 2000 mCd’s brauchen. Eine LED sitzt hier auf der Platine, direkt neben dem dicken Kondensator.


Der Lüfter ist mit Entkopplern befestigt, die Unwuchten des Lüfters dämpfen sollen. Somit dürfte der Betrieb leiser vonstatten gehen, da der Lüfter das Blechgehäuse nicht direkt berührt und seine Schwingungen gedämpft werden.


Hier ist die Platine für die Anschlüsse zu sehen, auf der jetzt noch die andere LED sitzt. Darüber befindet sich der Taster mit einer kleinen Konstruktion, damit man den Taster mit einer Schnur bedienen kann. Das Gerät hängt ja oben unter der Decke und man kann für den Handbetrieb dann die Schnur ziehen. Links ist die Schnur im Normalzustand und rechts wird sie gezogen. Mit der roten Linie ist angedeutet, wie sich der Hebel (Lochschiene) dabei neigt und den Nippel des Tasters eindrückt (im roten Kreis).


So sieht der Badlüfter jetzt von unten aus.


Zum Abdichten gegen die Wand habe ich noch eine Schicht Moosgummi aufgeklebt, damit die Luft nur in den dahinterliegenden Schacht gedrückt wird und nicht seitlich entweichen kann. Und das dämpft auch nochmal den Schall.


Hier wird jetzt auch der Sinn dieser Haltelaschen klar. Die haken einfach in das Gitter ein, was sich schon in der Wand befindet. (Erstes Foto ganz oben)



Fertig

Hier ist der fertige Badlüfter.


Das Display zeigt permanent die relative Luftfeuchte und die Temperatur an.


Das Logo von dem PC-Hersteller habe ich durch ein eigenes ersetzt. :HUTAB:


Hier hängt der Lüfter an der Wand und man sieht auch die Zugschnur raushängen.





Kleine Showeinlage der LEDs im Betrieb.


Aber es soll ja nicht nur gut aussehen. Das folgende Diagramm hier zeigt den Nutzen der Bastelei. Die rote Linie stellt die Feuchte im Bad dar, wie es früher ohne den Lüfter war. Die grüne Linie zeigt den Zustand bei Einsatz des Lüfters. Auf der x-Achse ist die Zeit in Stunden dargestellt. Der Zeitpunkt 0 ist der Moment, wenn das Duschen beendet wurde, denn dann beginnt ja der Trockenvorgang des Bades. Die Luftfeuchte bei trockenem Raum beträgt zwischen 40 und 60 %, das hängt vom Wetter ab. Zur Vergleichbarkeit guckt man nun also, wie lange es dauert, bis die Feuchte unter 60 % fällt. Ohne Lüfter war das Bad über 6 Stunden lang der Feuchte ausgesetzt, mit Lüfter nur noch eine halbe Stunde (siehe gelbe Kreise und Ableselinien). Der Unterschied ist ja schon riesig, aber man muss auch gucken, wie hoch die Feuchte davor ist. Bei einem Vergleich bei 80 % Feuchte sieht die Sache nochmal extremer aus: Hier hätte man eine Verbesserung von 3,5 Stunden auf unter 10 Minuten.

Die blaue Linie kennzeichnet die Lüftergeschwindigkeit in Prozent beim Betrieb mit Lüfter. Man sieht, dass bei rund 1 Stunde der Lüfter und die Feuchte schwingen. Dieser Effekt stellt sich deswegen ein, weil der Lüfter zunächst die Feuchte im oberen Teil des Raumes absaugt und der untere Raumbereich dann permanent ein kleines bisschen feuchter ist. Wenn der Lüfter den oberen Teil des Raumes unter das Abschaltniveau getrocknet hat, schaltet er ab. Anschließend findet allmählich eine Angleichung der Feuchtigkeit statt, d.h. der untere Raumteil gibt langsam Feuchte nach oben ab, wodurch der Lüfter wieder anspringt. Eine kleine Hysterese ist vorhanden, aber um diesen Effekt zu verhindern, müsste man sie riesig machen. Da aber eine untere Trockenheitsschwelle nicht klar zu definieren ist (an manchen Tagen hat die Luft 30 %, an anderen über 60 % Luftfeuchte), ist das nicht sinnvoll. Stören tut es außerdem nicht, da der Lüfter ja nur mit minimaler Drehzahl wieder anspringt, etwa 6 V.

Nun denn war das hoffentlich ein interessanter Artikel…

Man liest sich.

Movergan

3 Gedanken zu „Badlüfter selbstgebaut

  1. Hi,

    hast du bisher Probleme im Betrieb bezüglich der elektronischen Bauteile insbesondere des Lüfters aufgrund der teilweise sehr hohen Luftfeuchtigkeit?

    In einem andern Zusammenhang möchte ich PC Lüfter in einer Umgebung mit einer relativen Luftfeuchtigkeit bei 90 – 100 Prozent betreiben. Bisher habe ich keine Daten und Erfahrungen dazu gefunden.

    Gruß

    • Erst vor kurzem hatte ich den Lüfter mal geöffnet, weil ich ihn von Staub befreien wollte. Der feuchte Staub sammelt sich überall an und klebt etwas hartnäckiger als der trockene Staub in einem PC. Aber es ist ohne Probleme zu reinigen.
      Die Elektronik hat seither etwa 1 Jahr auf dem Buckel und man sieht es ihr äußerlich schon an. Alles funktioniert noch, aber einige Bauteilbeinchen sehen etwas gammelig und ganz leicht korrodiert aus.
      Am schlimmsten hat es den Hohlstecker und die Gegenbuchse für die Stromversorgung erwischt, der an der Unterseite ins Gehäuse eingesteckt wird. Die sind richtig grünfarben vergammelt, funktionieren aber auch noch. Hier ist aber der Problem, dass Kondenswasser am Lochgitter herunterläuft und der Stecker oft in einer kleinen Pfütze steht, bzw. mehrere Wassertropfen hineinfließen.
      Der Lüfter selbst hat keinen sichtlichen Schaden genommen.
      Ich vermute, dass der Badlüfter (als gesamtes) mit diesem offenen Aufbau der Elektronik nicht mehr als 2 bis 3 Jahre überlebt, wenn täglich ein- bis zweimal geduscht wird. Durch einen Umzug wird er derzeit aber gar nicht mehr verwendet.

      Wichtig zu unterscheiden wäre jetzt aber noch: 90 bis 100% Luftfeuchte bedingen nicht zwingend kondensiertes Wasser auf allen Oberflächen. Dein Fall könnte also günstiger sein als ein Bad. Dennoch würde ich die Elektronik irgendwie einpacken.

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