Autoradio ohne Radio mit Navigation

Mal eine kleine Bastelei zwischendurch: Unser Autoradio ist vor einiger Zeit kaputt gegangen. Da sich bei uns aber sowieso keiner für Radio, also den Rundfunkempfang interessiert, bestand auch nicht der Bedarf, Ersatz zu beschaffen. Nur ganz ohne Musik ist auch blöd. Also habe ich eine einfache Automusikanlage mit Navigation aus einem herumliegenden PDA, einem China-Verstärker und einer GPS-Maus gebastelt und das ganze halbwegs optisch ansprechend ins Auto gebastelt. Natürlich wird sowas jeden Autotuner sowie jeden HiFi-Freund vor den Kopf stoßen, aber bei Verwendung der originalen Autolautsprecher ist ohnehin kein super Sound möglich und die Optik spielt für uns im Autobereich auch keine große Rolle. Nur die Funktion zählt. Die ganze Sache hat zudem kaum etwas gekostet.

Einleitung

Der Begriff „Autoradio“ ist übrigens so etabliert für das musikerzeugende Gerät im Auto, dass er selbst dann Anwendung findet, wenn man keinen Tuner dabei hat. Daher kommt auch der merkwürdige Titel dieses Artikels. Ebenfalls findet man bei Suchmaschinen im Internet viele Treffer, wenn man nach „Autoradio ohne Radio“ sucht.

Warum ich die Bastelei überhaupt begonnen habe lag daran, dass der PDA im folgenden Bild, oder auch PocketPC genannt, noch bei mir herum lag. Es ist ein HP iPAQ h2210 mit Baujahr 2003. Das Gerät hat bei mir 9 Jahre lang einen treuen Dienst als täglicher Kalender, Video- und Mp3-Player, usw. geleistet und nachdem es dann einige kleinere Macken bekam, habe ich mir wieder das gleiche Gerät als fast neuwertiges Gebrauchtgerät gekauft. Dieser PDA ist sehr wertig und ich genieße es, sämtliche Funktionen von heutigen Smartphones am Mann zu haben, ohne ein Telefon mit mir führen zu müssen. (ok, und Spielereien wie Neigungssensoren oder Kameras sind nicht enthalten)

Aber zurück zum Thema: Beim Kauf des Ersatzgerätes erhielt ich vom Verkäufer eine passende GPS-Maus, sowie eine KFZ-Ladeschale dazu… für insgesamt 12 € plus Porto. Nun hatte ich also den alten PDA, eine GPS-Maus und eine KFZ-Ladeschale übrig. Da bot es sich an, eine kleines System für das Auto zu zimmern. Die Macken des alten PDA sind minimal und stören im Betrieb im Auto nichtmal. Z.B. ist der SD-Slot defekt, aber das Gerät liest auch noch CF-Karten. Dann kommen halt die Karten für die Navigation und die Musik auf eine CF-Karte.


Fehlte nur noch ein Verstärker. In der e-Bucht habe ich mir für kaum mehr als 10 € diesen China-Stereo-Audioverstärker geschossen. Für die Autolautsprecher auf jeden Fall ausreichend. Das Modell heißt Lepai LP-808.


Auf der Rückseite befinden sich die Ein- und Ausgangsklemmen, sowie ein Spannungsanschluss. Der Verstärker kann direkt mit 12 V betrieben werden. Ich habe ihn also mutig direkt angeschlossen, wohlwissend, dass die Boardspannung im Auto dreckig ist und bis 14 oder 15 V betragen kann. Der Verstärker ist aber zum Verfassungszeitpunkt dieses Artikels schon ein paar Monate in Betrieb und lebt noch.


Das ist die Platine im Verstärker. Für China ist es mal gar nicht ganz so schlimm. Lediglich die Potis machen einen extrem billigen Eindruck. Sie sind von unten komplett offen, d.h. man sieht Schleifer und Kohlebahn und entsprechend leicht gelangt Dreck hinein. Bei einem Poti ist beim Abziehen des Knopfes die Achse gebrochen, weil sie extrem weich war. Macht aber nichts.


Auf der Rückseite sitzt das Verstärker-IC, welches mit Wärmeleitpaste und einer Schraubverbindung direkt gegen das Gehäuse kontaktiert ist. Es bietet sich also an, das Gehäuse zu verwenden, zumal es seitlich praktische Befestigungsflansche hat.


Aufbau

Um die ganzen Komponenten irgendwie zusammenzuhalten und im Radio-Schacht des Autos verbauen zu können, habe ich mir das folgende Blech aus einem Reststück ausgesägt. Es ist stabiles Stahlblech. Das muss so sein, weil Aluminium die folgende Verarbeitung nicht so gut überstehen würde, da zu kleine Biegeradien angewendet werden.


Über ein Stück Metall wird das Blech gekantet. Bei genauem Hinsehen sieht man einen Stahlwinkel. Es wird nicht über die runde Werkbankkante gebogen.


Mit mehreren Kantvorgängen habe ich diese Form erzeugt. Das Ding ist nicht hübsch oder gleichmäßig, aber wird seinen Dienst verrichten. Es passt schön eng in den DIN-Schacht im Auto. Das horizontale Blech liegt nicht am Boden auf, da ich einige Komponenten von unten mit Schrauben oder Kabelbindern befestigen werde.


Zuerst habe ich das Gehäuse vom Verstärker reingeschraubt. Hinten ist eine Halteklammer für den Kabelbaum aus dem Auto, um die Stecker bei Zug zu entlasten. Vorne habe ich eine winklige Schiene – PC-Kenner werden sie als Bestandteil einer Festplatte identifizieren – angebracht, an der später die Frontblende montiert wird.


Die Frontblende wird aus einem Reststück Aluminium gefertigt. Hier sieht man mit der Reißnadel angezeichnete Linien.


Hier ist die Blende ausgeschnitten.


Vorne an der Frontblende soll unter anderem die Ladeschale des PDAs befestigt werden. Jedoch soll sie zum Fahrer ausgerichtet sein und zudem soll sich aus der Sicht des Fahrers nichts helles im Display spiegeln. Sonst kann man den PDA, etwa bei Sonnenlicht von hinten, schlecht ablesen. Ich habe ermittelt, dass der PDA um etwa 15° nach oben geschwenkt und um etwa 30° nach links gedreht werden muss. Dann sieht der Fahrer durchschnittlicher Größe (=ich) das Display ca. frontal und im Display spiegelt sich das Autodach, was nie besonders hell und daher ein günstiger Hintergrund ist.

Ich habe mir zur Befestigung der Ladeschale ein Stück Flachmaterial aus Aluminium genommen und werde es zweimal falten. Um den Winkel von 30° nach links über beide Biegungen zu erhalten, muss je mit dem halben Winkel gefaltet werden. Hier sieht man das noch nicht gekantete Aluminium, welches um 15° geneigt in den Schraubstock eingespannt ist.


Ich habe es so noch hinten umgefaltet.


Schließlich habe ich eine weitere Faltung wieder mit 15° durchgeführt.


Das ergibt nun diesen Haltewinkel.


Der kurze Schenkel wird später die untere Seite sein. Hier sieht man, dass der PDA um 15° nach oben geschwenkt ist.


Und hier ist die Drehung um 30° zu sehen.


Die montierte Schale an der Frontblende. Der Haltewinkel ist ziemlich fest und behält seine Form bei üblichen Belastungen bei.


Für den Hauptschalter und ein Lautstärkepoti, sowie die Befestigungsschrauben habe ich Bohrungen vorgenommen.


Weiter geht’s erstmal beim Verstärker. Aus Platzgründen habe ich die Potis für Bass und Höhen einmal umgedreht. Das ändert elektrisch nichts. Das Lautstärkepoti und den Hauptschalter habe ich entfernt und durch Litzen ersetzt.


Die Litzen sind mit den Komponenten in der Frontblende verbunden. Die Ladeschale ist hier nochmal demontiert, damit die Frontblende am Gerät festgeschraubt werden kann. Unter der rechten Schraube ist ein Langlochausschnitt für die Leitungen zum PDA.


Hier sieht man die Verkabelung zum Verstärker.


Das hier ist ein Kabelbaum aus dem Auto. Der Stecker rechts wird im Auto angeschlossen. Der linke Stecker muss daher irgendwie mit meinem System verbunden werden. Da das Rastermaß ca. 2,54 mm ist, habe ich einfach Stiftleisten verwendet.


Die Stiftleisten passen an den Stecker und kontaktieren gut. Sie halten nur mechanisch nicht fest genug und werden daher später noch befestigt.


Das Handbuch des ehemaligen Autoradios verrät die Belegung. (Bild anklicken zum Vergrößern)


Hier habe ich meine Leitungen mit den Stiftleisten verlötet. Mit einem Kabelbinder (schwarz) habe ich die Stiftleisten mit dem Stecker des Kabelbaums verbunden, damit sie nicht herausrutschen. Bei Bedarf kann man den Kabelbinder aufschneiden und es einfach auseinanderstecken.


Bei ersten Tests ergab sich logischerweise eine Brummschleife, die das Audiosignal stark störte. Die Masse des Autos (= Minuspol der Batterie) ist natürlich mit dem PDA über die Ladeschale verbunden. Sie ist aber auch vom PDA über die Audioleitungen mit dem Verstärker verbunden, der seinerseits wieder die Batterie kontaktiert. Das erzeugt dann ein deutlich hörbares Brummen. Dieser Massekreis muss demnach aufgebrochen werden. Testweise kann man das erreichen, wenn der PDA auf Akkubetrieb läuft. Dann war auch sofort alles ruhig, bis auf die Musik natürlich. Für ca. 7 € oder so habe ich einen Audioübertrager von Monacor gekauft. Das Modell heißt FGA-30M. Mit dem Ding klappt das bestens. Man hört überhaupt kein Rauschen oder sonstige Störgeräusche und die Musik klingt unverändert, also nicht teilweise gefiltert. Natürlich kann ich die Aussage nur auf die mäßigen Autolautsprecher zurückführen.



Fertig

Hier ist das Autoradio ohne Radio komplett.


Blick von oben in das Gerät (Bild anklicken zum Vergrößern). Hinten im Gerät befindet sich links die GPS-Maus und darunter ein Spannungswandler, der zur PDA-Ladeschale gehört. Eine Sicherung habe ich auch noch eingebaut. Kann nicht schaden. Rechts sind die Kabel mit Kabelbindern am Boden befestigt und dort befindet sich auch der Entstörfilter. (Der Stecker da oben mit dem silbernen Klebeband… das war ich nich. Das war so beim Gebraucht-PDA dabei. Da es funktioniert, habe ich es lieber zugelassen, da das Panzertape beim Öffnen wahrscheinlich alles zerreißt.)



Und hier ist der Einbau im Auto zu sehen. Es passt, es behindert keine anderen Funktionen oder Bedienelemente im Auto (der Schalter hinter dem PDA ist eine Blindblende) und es funktioniert.



Auf dem Desktop des PDAs sind alle Icons groß eingestellt worden, damit eine durchgängige Handbedienung möglich ist. Den Stylus braucht man eigentlich nie, außer man möchte mal die Playlist ändern, was man ja vor der Fahrt oder an einer Ampel machen kann. Das Navigationsprogramm lässt sich ebenfalls gut mit Fingern bedienen. Die Mp3-Software ist mit entsprechendem Skin auch per Fingern gut zu bedienen. Siehe Bild, ist kein schöner Skin, aber es tuts. So sieht es übrigens bei Nacht aus. Wenn man wirklich nachts fährt, kann man natürlich die Displaybeleuchtung noch dimmen.


Vielleicht hat ja jemand von euch auch schonmal überlegt, selbst etwas für’s Auto zu bauen und hier gute Anregungen erhalten.

Denn einen Gruß vom Mov

5 Gedanken zu „Autoradio ohne Radio mit Navigation

  1. Das nenne ich mal kreativ!
    Ich sehe gerade, dass dein Beitrag schon etwas älter ist. – Lebt das Gerät noch? Mir würde nämlich etwas anderes einfallen. Ein Raspberry Pi (Minicomputer, der so groß wie iene Zigarettenschachtel ist) in Verbindung mit einem mobilen Akku – oder sogar direkter Anschluss an die KFZ-Elektrik :-)

    Grüße

    Matthias

    • Hallo Matthias,
      das Gerät lebt noch und wird noch genutzt. Auch wenn die GEZ kein Grund mehr für so ein Gerät ist (früher ging es um die Kontrolle, heute zahlt man oder zahlt man nicht, aber es hängt nicht von diesem Gerät ab), haben wir noch immer keinen Bedarf am Rundfunk. Das Navi basiert weiterhin auf Kartenmaterial von 2007, aber wir haben nur sehr selten Kartenfehler durch mittlerweile geänderte Straßen entdeckt.
      Klar, ein Raspberry Pi (ich kenne den natürlich), würde dafür auch geeignet sein. Zum einen soll seine Audioausgabe aber nicht so prall sein (unsere ist aufgrund der Kfz-Lautsprecher auch nicht gut, aber der PDA ist dem R-Pi in dem Punkt auf jeden Fall überlegen) und zum anderen wollte ich damals etwas ohne Kosten und ohne Entwicklungszeit zusammenzimmern. Der PDA war übrig und der Miniverstärker kostete fast nix. Und dann lief ja alles sofort, weil natürlich reichlich (freie) Software für WinMobile existiert.
      LG,
      Emanuel

  2. Sehr schön!
    Hast du denn innerhalb der Armatur einen ausreichenden Empfang für die GPS Maus? Mein Vater hat früher so eine im Auto benutzt und wenn man die nicht direkt hinter die Windschutzscheibe gelegt hat ging fast nichts. Auch bei meinem Handgerät schwindet die Empfangsqualität schon wenn man einfach nur hinten im Auto sitzt.

    • Der Empfang ist scheinbar etwas knapp, aber es tuts. Beim Kaltstart kann es manchmal ziemlich lange dauern, bis die Verbindung mit den Satelliten aufgebaut ist. Manchmal geht es aber auch flott. Bevorzugt, wenn man noch nicht losfährt. Wenn die Verbindung einmal steht, dann hält sie idR auch. Über der Position der GPS-Maus befinden sich offensichtlich nur Kunsstoffteile und die Fensterscheibe, sodass das Signal ausreicht. Wenn du hinten im Auto sitzt, hast du dagegen schon das Autodach aus Metall im Weg.
      Ich hatte es zur Sicherheit natürlich vorher probiert und die GPS-Maus an verschiedenen Stellen im offenen Schacht platziert und bin dann einige Fahrten so gefahren.
      Die GPS-Maus verbindet in dem Fall glücklicherweise seriell, direkt über das Kabel, was ohnehin zur Ladeschale führt. Das ist sehr schön, dass man nicht noch mit Bluetooth hantieren muss.

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